Schadensersatz im Arbeitsrecht

Im Arbeitsrecht können sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer Anspruch auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld haben, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Diese Ansprüche ergeben sich meist aus dem Arbeitsvertrag, den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) sowie der Rechtsprechung. Im Folgenden eine umfassende Erläuterung der beiden Rechtsinstitute aus Sicht beider Parteien.


I. Schadensersatzansprüche zugunsten des Arbeitgebers

1. Rechtsgrundlagen

  • § 280 BGB: Schadensersatz bei Pflichtverletzungen.
  • § 823 BGB: Ersatz von Schäden aus unerlaubter Handlung.
  • § 619a BGB: Beweislastregelung bei Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers.

2. Gründe für Schadensersatzansprüche

Arbeitgeber können Schadensersatz verlangen, wenn der Arbeitnehmer seine arbeitsvertraglichen oder gesetzlichen Pflichten verletzt hat. Typische Fälle:

  • Arbeitszeitverstöße: Eigenmächtiges Fernbleiben von der Arbeit oder Arbeitszeitbetrug.
  • Sachbeschädigungen: Fahrlässige oder vorsätzliche Zerstörung von Betriebseigentum (z. B. Maschinen, Fahrzeuge).
  • Geheimnisverrat: Verletzung der Verschwiegenheitspflicht oder Weitergabe sensibler Daten (§ 17 UWG).
  • Vertragswidriges Verhalten: Sabotage, unbefugte Nutzung betrieblicher Ressourcen.
  • Wettbewerbsverstöße: Verstoß gegen ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot (§§ 60, 61 HGB).

3. Begrenzung der Arbeitnehmerhaftung

Der Arbeitnehmer haftet im Rahmen des sogenannten innerbetrieblichen Schadensausgleichs. Dabei wird zwischen verschiedenen Graden der Schuld unterschieden:

  • Leichte Fahrlässigkeit: Keine Haftung.
  • Normale Fahrlässigkeit: Haftung wird zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufgeteilt.
  • Grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz: Arbeitnehmer haftet vollumfänglich.

Rechtsprechung

  • BAG, Urteil vom 22. Juni 1989 – 8 AZR 366/88: Bei leichter Fahrlässigkeit haftet der Arbeitnehmer nicht.
  • BAG, Urteil vom 28. Oktober 2010 – 8 AZR 418/09: Die Höhe der Haftung richtet sich nach dem Einkommen und der Stellung des Arbeitnehmers.

4. Mögliche Schadenshöhen

  • Sachschäden: Ersatz des Wiederbeschaffungswertes, z. B. bei Zerstörung von Arbeitsgeräten.
  • Vermögensschäden: Z. B. bei Umsatzverlust durch wettbewerbswidriges Verhalten.
  • Typische Begrenzung der Arbeitnehmerhaftung auf wenige Monatsgehälter bei normaler Fahrlässigkeit.

II. Schadensersatzansprüche zugunsten des Arbeitnehmers

1. Rechtsgrundlagen

  • § 280 BGB: Schadensersatz bei Pflichtverletzungen.
  • § 823 BGB: Ersatz von Schäden aus unerlaubter Handlung.
  • § 618 BGB: Arbeitgeberpflichten zum Schutz von Leben und Gesundheit des Arbeitnehmers.
  • § 3 ArbSchG: Verpflichtung des Arbeitgebers zu sicherer Arbeitsgestaltung.

2. Gründe für Schadensersatzansprüche

Arbeitnehmer können Schadensersatz geltend machen, wenn der Arbeitgeber gegen Schutzpflichten verstößt. Beispiele:

  • Arbeitsunfälle: Verstoß gegen die Unfallverhütungsvorschriften oder unzureichender Arbeitsschutz.
  • Mobbing: Systematische Schädigung durch Arbeitgeber oder Kollegen.
  • Nichtzahlung von Gehalt: Arbeitnehmer kann Zinsen und Schadensersatz verlangen (§ 286 BGB).
  • Diskriminierung: Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG).
  • Kündigungsbedingte Schäden: Unberechtigte fristlose Kündigungen oder Pflichtverletzungen bei Kündigung.

Rechtsprechung

  • BAG, Urteil vom 28. Oktober 2010 – 8 AZR 418/09: Arbeitgeber haftet bei Pflichtverletzungen im Rahmen seiner Schutzpflichten.
  • BAG, Urteil vom 25. Oktober 2007 – 8 AZR 593/06: Mobbing kann Grundlage für Schadensersatzansprüche sein.

3. Mögliche Schadenshöhen

  • Materielle Schäden: Ersatz der Heilbehandlungskosten, Lohnausfall, Rentenminderung.
  • Immaterielle Schäden (Schmerzensgeld): Bei erheblichem Eingriff in das Persönlichkeitsrecht oder psychischen Schäden.

III. Schmerzensgeld zugunsten des Arbeitnehmers

1. Rechtsgrundlagen

  • § 253 Abs. 2 BGB: Ersatz immaterieller Schäden bei Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit oder Freiheit.
  • § 15 Abs. 2 AGG: Entschädigung bei Diskriminierung.

2. Gründe für Schmerzensgeld

  • Psychische Belastungen: Mobbing, Diskriminierung oder sexuelle Belästigung.
  • Körperliche Verletzungen: Arbeitsunfälle, unzureichende Sicherheitsmaßnahmen.
  • Verletzung des Persönlichkeitsrechts: Z. B. durch herabsetzende Äußerungen.

Rechtsprechung

  • BAG, Urteil vom 16. Mai 2007 – 8 AZR 709/06: Arbeitgeber haftet für Mobbing, wenn er dieses duldet oder nicht verhindert.
  • BAG, Urteil vom 19. Dezember 2019 – 8 AZR 511/18: Schmerzensgeldansprüche bei Diskriminierung aufgrund ethnischer Herkunft.

3. Mögliche Schmerzensgeldhöhen

Die Höhe orientiert sich am Grad der Beeinträchtigung:

  • Arbeitsunfälle: 5.000–50.000 €, abhängig von der Schwere der Verletzung.
  • Mobbing/Diskriminierung: 1.000–20.000 €, abhängig von der Intensität.
  • Psychische Schäden: 5.000–30.000 €, insbesondere bei langanhaltenden Belastungen.

IV. Schadensersatzansprüche zugunsten des Arbeitgebers bei Verursachung von immateriellen Schäden

Ein Schmerzensgeldanspruch zugunsten des Arbeitgebers kommt regelmäßig nicht in Betracht, da § 253 Abs. 2 BGB nur natürliche Personen betrifft. Arbeitgeber können jedoch Schadensersatz für Rufschädigung oder immaterielle Nachteile geltend machen (z. B. durch üble Nachrede des Arbeitnehmers).


Zusammenfassung: Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche im Arbeitsrecht sind komplex und erfordern immer eine Einzelfallbetrachtung. Sie hängen stark von der Art der Pflichtverletzung, dem Verschuldensgrad sowie der jeweiligen Beweislast ab. Soll ich spezifische Beispiele oder weiterführende Urteile detaillierter ausarbeiten?

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